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Werden Bäume durch Seile geschädigt?

Ob Seilklettern einen Baum/Astgabeln schädigt, wird gerne diskutiert und gilt als Killerargument von Waldbesitzern. Ein solcher hat vor wenigen Jahren von Geocachern sogar Schadensersatz gefordert. Werden Bäume überhaupt geschädigt?

Wer an einem stehenden Seil klettert (ein Seilende ist am Baumfuß befestigt), verursacht viel geringere Schäden als ein Baum etwa über Windbruch erfährt. Kritischster Punkt ist die Seilumlenkung an der Astgabel. Mit einem stehenden Seil findet dort wenig Reibung statt, und gesunde Bäume halten das locker aus.
Das ändert sich bei umlaufenden Seilen (beide Seilenden sind am Gurt befestigt), da hier das Seil ständig in der Astgabel reibt, insbesondere beim hängenden Vorstieg ohne Kambiumschoner. Dadurch können Rinde und Kambium geschädigt werden, Feuchtigkeit und Pilze eindringen, welche wiederum bleibende Baumschäden verursachen können. An Buchen kannst du Pilzbefall gut selbst erkennen: von den Astgabeln laufen schwarze Abwärtsstreifen. Die entstehen durch zu steil stehende Äste im Wirtschaftswald, in deren Gabeln sich Feuchtigkeit sammelt.
Eine Astgable-Schädigung durch Seilkletterer nachzuweisen, ist sehr schwierig. Viel häufiger verursachen diese Schäden durch abgerissene/-getretene Äste, welche wiederum zu Pilzbefall führen können. Auch hält sich unter Forstpersonal hartnäckig das Gerücht, dass Geocacher mit Baumsteigeisen unterwegs sind. Das ist Unsinn – in mehr als 10 Kletterjahren und 10.000 Klettercaches ist uns dieser Fall genau ein Mal vorgekommen. Baumsteigeisen beschädigen Rinde und Baum und werden von Baumpflegern nur zum Fällen/Abtragen verwendet.

Bei Diskussion über Baumschäden sollte man die Relation nicht vergessen. Meist werden Seile im Kronenbereich verankert, der im Wirtschaftswald ohnehin wertlos ist und nach der Rodung am Boden zurückgelassen wird. Auch tun sich viele Seilkletterer/Geocacher schwer, wenn sie legale Flächen-Rodungsorgien sehen und ihnen im gleichen Atemzug eine Druckstelle auf einer Astgabel vorgeworfen wird.

Einige wichtige Tipps:
 

  • umlaufende Seile im Kronenbereich richten geringe Schäden an. Das liegt daran, dass man dort sowieso auf Ästen klettert und das umlaufende Seil selten unter Zug steht. Auch erholen sich Kronenäste schneller. Forstwirtschaftlich genutzt werden sie auch nicht
  • in häufig bekletterten Bäumen können an immer den gleichen Stellen Seil-Belastungen auftreten. Hier hilft ein Kambiumschoner (mehr zum Kambiumschoner hier) sowie das Umhängen der Dose
  • die größten Schäden entstehen durch umlaufende, lange Aufstiegsseile ohne Kambiumschoner. Hier empfehlen wir dringend dessen Einsatz
  • weiche Hölzer mit wenig Rinde (Birke, Kastanie, Espe, fast alle Nadelbäume) sind empfindlicher. Auch hier ist ein Kambiumschoner sinnvoll, aus Harzgründen an Nadelhölzern sowieso
  • vermeide das Abtreten/-reißen von Ästen. Wenn schon, dann schneide sie ab mit einem senkrechten Schnitt. Das ist viel schonender