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Welche Äste kann ich im Baum verwenden?

Die Frage, ob ein Ast mich trägt, ist von einigen Faktoren abhängig: Baumart, Gesundheitszustand und Astdurchmesser, aber auch Lage und Jahreszeit. Es gibt unzählige Fachliteratur. Hier ein paar Basicregeln – auf unserem Safetykurs erfährst du mehr.
 

  • Baumart: Das festeste Holz hat die Stieleiche. Eichen haben zwar oft Totholz, eine rauhe Rinde (Wurfsäckchen kommen schlechter runter) und Büscheltriebe, die jede Pilotleine fressen. Auch auf Prozessionsspinner sollte man achten. Ansonsten aber super.
    Nach der Eiche kommen Platane und Esche, gefolgt vom Ahorn. Diese Bäume sind allesamt stabiler als die Rotbuche, die aber auch noch deutlich über dem Durchschnitt liegt. Buchen findet man häufig als Kletterbäume: glatter Stamm, wenig Totholz. Nur bei Nässe können sie glitschig sein.
    Am unteren Ende der Kletterfreundlichkeits-Skala ist die Roßkastanie, Äste brechen schon fast beim Angucken. Aber auch Nadelbäume wie Tanne, Fichte, Kiefer haben weiches Holz und harzen. Obstbäume, Pappeln und Weiden sollte man nur an zentralen Ästen beklettern
  • Gesundheitszustand: Moos am Baum oder Efeu sind KEIN schlechtes Zeichen. Dafür aber Baumpilze. Auch Spechtlöcher werden gerne in marodes Holz geschlagen. Ein gesunder Baum hat grüne Blätter in mehreren Jahrgängen, also an möglichst vielen Verzweigungen in Richtung Stamm. Das Kronenbild ist dicht
  • Astdurchmesser: verwende zur Eigensicherung keine Äste unter 10cm Durchmesser. Vorsicht: die Äste sehen vom Boden immer dicker aus, als sie wirklich sind!
  • Lage: tiefe Äste brechen generell schneller. Kronenäste sind flexibler. Ein Einzelast mit 8cm Durchmesser in wenigen Metern Höhe mit keiner zweiten Astgabel darunter kann sehr gefährlich sein. Wenn dagegen unmittelbar darunter eine fette, gesunde Astgabel wäre, würde das Risiko erheblich minimiert
  • Form und Winkel: steiler stehende Äste haben fast immer eine ovale Form. Nach aktuellen Untersuchungen brechen sie bei Windbelastungen extrem selten in der Astgabel und fast ausschließlich an der Stelle, wo sie deutlich schmaler werden („Stelle der stärksten Verjüngung“). Horizontal wachsende Äste haben dagegen einen runden Querschnitt und können in der Gabel brechen
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    Das Hauptproblem beim Seileinbau ist unserer Erfahrung nach die Großzügigkeit der Seilkletterer. Da wird wie blöd geballert mit der Bigshot über Außenäste, man zieht das Seil ein, ohne den Verlauf zu sehen und vertraut dem Motto „wird schon halten“. Sorgfältiger Seileinbau sieht anders aus: der Seilverlauf ist sichtbar und in Stammnähe, die Hauptastgabel eindeutig zu identifizieren und sicher. Ein Fernglas als Hilfe kann nicht schaden. Grundregel: wenn du unsicher bist, ziehe das Seil wieder raus und probiere es erneut. Dein Leben hängt dran!