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Was ist die Verkehrssicherungspflicht und warum argumentieren Ämter damit?
Der sperrige Begriff “Verkehrssicherungspflicht” wird oft falsch interpretiert. So glauben viele Geocache-Besitzer, dass durch ihren Kletter-Geocache der (Straßen)-Verkehr nicht behindert werden soll.
Verkehrssicherungspflicht heißt aber: Wer eine Gefahrenquelle schafft, muss dafür sorgen, dass dadurch keine Schäden an Dritten erfolgen. Diese Dritte sind der “Verkehr”. Beispiel: du legst als Geocacher eine T5 Dose. Da die Dose nur mit Kletterausrüstung zu erreichen ist, schaffst du eine Gefahrenquelle. Nicht nur das: du erzeugst einen Verkehr, nämlich andere Cacher, die zum Loggen der Dose kommen. Diesen Verkehr musst du vor Gefahren schützen.
Musst du also im Wald stehen und jeden Cacher warnen vor allem möglichen? Nein. Denn deine Pflicht beschränkt sich auf atypische Gefahren, also solche Gefahren, die man nicht vorhersehen kann. Auch solltest du im Geocache-Listing auf mögliche Gefahren hinweisen, denn: die Verkehrssicherungspflicht ist immer dann eingeschränkt, wenn auf die möglichen Gefahren hingewiesen wird. Hinterher kann dann keiner sagen, er hätte das nicht gewusst.
Bei Ämtern ist die Verkehrssicherungspflicht zuweilen ein heißes Ding. Wenn zum Beispiel auf einer Straße eine marode Brücke (=Gefahrenquelle) steht und diese einbricht beim Drüberfahren, kann die zuständige Behörde auf Schadensersatz verklagt werden. Wenn ein Forstamt einen Wanderweg im Wald anlegt, erzeugen sie einen Verkehr (die Wanderer) und müssen diese schützen. Allerdings gilt dieser Schutz nur für atypische Gefahren. Eine typische Gefahr im Wald sind herunterfallende Äste, rutschiger Untergrund etc. Eine atypische Gefahr können marode Bäume sein am Waldrand entlang einer Straße. Das Forstamt muss dafür sorgen, dass diese Bäume keine Gefahr sind für den Verkehr. Übrigens gilt diese Pflicht nur für kranke Bäume, nicht für gesunde. Der ultimative Schutz vor Schadensersatzansprüchen ist ein “Betreten verboten” Schild.
Für viele Ämter stellen T5 Caches und mögliche herunterfallende Cacher eine atypische Gefahr dar und sie glauben, dass sie andere davor schützen müssen. Sie sind aber nicht der Verursacher der Gefahrenquelle (und des damit verbundenen Verkehrs), denn nur der Verursacher hat die Verkehrssicherungspflicht. Sie sind also gar nicht zuständig.
Wenn eine Behörde aufwändig einen Cache entfernt von einer Brücke und mit ihrer Verkehrssicherungspflicht argumentiert, dann ist das falsch. Sie haben diese Pflicht gar nicht, denn sie haben die Dose nicht gelegt. Die Dose könnte allerdings eine “atypische Gefahr” darstellen an der Brücke, nämlich wenn sie wie eine Bombe aussieht. Solche Fälle sind schon vorgekommen. Allerdings wurden die Cacheowner freigesprochen, da sie nicht bewusst eine Gefahr geschaffen hatten.
Das Entfernen des Caches selbst durch die Behörde ist grundsätzlich aber okay. Als Besitzer der Brücke müssen sie eine Dose nicht dulden. Die Dose wird allerdings nach dem Entfernen zur Fundsache, siehe diese Frage.
Manche den Cachern wohlgesonnene Förster wenden einen kleinen Zusatztrick an: sie wollen gar nicht wissen, wo die Dose ist. Sie haben damit keine Ahnung von der Gefahrenquelle.
Die Verkehrssicherungspflicht bei Geocaches hat immer der Owner der Dose. Wenn der im Listing ausreichend auf Gefahren hinweist und vor Ort auch regelmäßig auf sonstige Gefahren überprüft, der Cache rein optisch keine Gefahr darstellt (Aussehen wie eine Bombe, Blinken, etc.) ist er seiner Verkehrssicherungspflicht nachgekommen und kann nicht verklagt werden auf Schadensersatz.