230 Artikel: das komplette Seilkletter-Wissen

Für den Einsatz beim Seilklettern und T5 Geocachen muss ein gutes Abseilgerät mehr können als nur “Abwärts”. Wie gut verhält es sich beim Aufstieg? Wie bequem gibt es Seil aus bei wenig Last, etwa wenn du an einer Schräge stehst, auf einem Ast balancierst oder nach dem Abseilen dein noch gespanntes Seil freigeben möchtest?

 

Abseilen

Beim Abseilen gilt die Grundregel: je größer der Bremsnocken/Kontaktfäche zum Seil und je länger der Abseilhebel (am Halbautomat), desto einfacher geht das Abseilen. Dein Gerät lässt sich dann fein dosieren. Umgekehrt gilt: je kleiner der Bremsnocken und je kürzer der Hebel, desto mehr Feingefühl ist nötig – insbesondere bei schweren Personen.

Das mit Abstand am feinsten dosierbare Abseilgerät ist das ISC A-B wegen dem unschlagbar langen Hebel. Abseilen ist eine wahre Freude, sogar mit zwei Personen. Aber auch ISC D4/D5, Petzl ID, Petzl Rig, CT Sparrow sind abwärts echt gut. Das kleinste Abseilgerät mit dennoch überdurchschnittlichem Abseilkomfort ist nach unseren Erfahrungen das Camp Druid pro.

 

Seilaufstieg

Der Aufstieg am Seil (mit Handsteigklemmenset und Seilumlenkung) geht nur mit Halbautomaten. Tube, Achter sowie nahezu alle selbstblockierenden Vorstiegsgeräte scheiden aus. Beim Aufstieg sind die oben genannten Top-Abseilgeräte eher im Nachteil, denn: je größer der Bremsnocken, desto mehr Reibung und desto mühsamer der Aufstieg. Zwar kann man sich mit einer (Kugellager-)Rolle an der Seilumlenkung behelfen. Trotzdem liegen im Wirkungsgrad von kleinen Geräten wie Grigri gegenüber großen beim Seilaufstieg nach unseren Messungen bis zu 6 Prozent. Klingt wenig, ist aber spürbar.

Die besten Geräte aufwärts nach unseren Tests sind Eddy, Grigri und Grigri+, ISC A-B und Megawatt mit Wirkungsgraden jenseits 60 Prozent.

Einen Gerätetest zum Seilaufstieg findest du im Blog hier.

 

Seil ausgeben

Mit deinem Abseilgerät musst du häufiger Seil ausgeben, das heißt: du hängst noch gar nicht richtig dran und trotzdem brauchst du mehr Seil. Etwa, wenn du an einer Schräge stehst und dort langsam runter willst. Oder bei Horizontalbewegungen an Ästen. Oder auch, wenn du abgeseilt hast und du am Boden das noch gespannte Seil freigeben möchtest.

Am hinderlichsten beim Seilausgeben sind in manche Abseilgeräte eingebaute Panikbremsen/-sicherungen. Da sie erst ab 40 Kilo anständig funktionieren, greifen sie bei geringeren Lasten viel zu früh, was nerven kann (siehe dazu dieser Artikel). Mal eben schnell eil ausgeben an einem halb belasteten Seil wird sehr zäh.

Geräte ohne Panikbremsen wie Petzl Rig, Petzl Grigri und ISC A-B (einziges Gerät mit aushängbarer Panikbremse) sind beim Seilausgeben definitiv im Vorteil. Solang die Last gering ist, kann man beim Grigri+ und dem Lory auch per Daumendruck das Seil ausgeben.

 

Gewicht und Größe

Große und schwere Geräte wie Petzl ID oder ISC D4 strahlen hohe Sicherheit aus. Beim Seilaufstieg allerdings sind große Geräte unter anderem wegen der Baulänge im Nachteil. Auch bei beengten Verhältnissen können sie schneller stören, und beim Seilaufstieg mit Prusiktechnik (lernst du auf unserem Advancedkurs) ziehen sie das Seil nach unten.

Kleine und leichte Geräte sind bei oben genannten Situationen im Vorteil. Auch sind sie preiswerter. Insbesondere beim Seilaufstieg hat man mehr Hub. Allerdings sind sie oft abwärts weniger komfortabel.

 

Fazit

Wer mit der Bruststeigklemme/anderen Techniken aufsteigt und mit seinem Abseilgerät tatsächlich nur abseilt bzw. es zusätzlich zum Seilausgeben benötigt, der ist auch mit großen Geräten gut bedient. Gleiches gilt für schwere Personen. Kleinere Halbautomaten sind dagegen universeller, allerdings muss man Abstriche im Abseilkomfort machen.