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Ist Heißschmieden wirklich besser?

Ja. Heißgeschmiedete Karabiner sind eine andere Qualitätsliga. Leider sieht man ihnen das nicht an. Daher stellt sich für viele die Frage, ob das nur ein fancy Marketing-Gag ist bzw. was sie davon haben.

Standard-Karabiner werden aus Alustangen vorgebogen und dann kalt in Form gepresst. Nahezu alle Hersteller machen das, es ist effizient und weniger aufwändig. Solche Karabiner kann man uneingeschränkt einsetzen, sie erfüllen alle geforderten Normwerte.

Beim Heißschmieden findet das Formpressen unter hoher Temperatur statt. Das kostet mehr Energie und Aufwand und ist teurer. Das Metall erhält ganz andere Eigenschaften: es wird elastischer und zäher. Man kann höhere Bruchwerte erzielen bei weniger Gewicht. Auch sind organischere, fließendere Karabinerformen möglich.

Bei extremen Sturzbelastungen verbiegen sich heißgeschmiedete Karabiner vor dem Bruch, wohingegen kalt hergestellte ohne Vorwarnung brechen. Heißgeschmiedete Karabiner haben also eingebaute Sicherheitsreserven, insbesondere bei Querbelastungen auf Kanten. Fun fact am Rande: Obwohl quer auf einer Kante aufliegende Karabiner ein sehr realistisches Szenario sind (an Konstruktionen, Fels, Klettersteig), gibt es dafür keine Prüfung für die Karabiner-Norm.

Vergleichen lässt sich das Heißschmieden mit einer Kerze: im kalten Zustand kannst du sie in der Mitte durchbrechen, angewärmt lässt sie sich verbiegen.

DMM ist der einzige uns bekannte Hersteller, der konsequent alles heißschmiedet, sogar kleine Accessoire- und Stahlkarabiner. Äußerlich siehst du es an den organischeren Formen. Manche behaupten, sie würden das sogar fühlen ;-). Auch der italienische Hersteller CT schmiedet einige wenige Teile heiß.

Um es klar zu sagen: Standardkarabiner reichen zu 99 Prozent beim Seilklettern aus. Auf unserem Safetykurs zeigen wir allerdings auch einen original Unfall-Karabiner, der durchs Heißschmieden ein Leben gerettet hat.